Beim Thema Erstkalbealter scheiden sich die Geister. Während die Fachwelt ein frühes Erstkalbealter von 24 bis 26 Monate empfiehlt, liegt der Durchschnitt in der Praxis oftmals höher. Die Befürchtung ein frühes Abkalben schade der Entwicklung, Gesundheit und Leistung der Tiere ist nach wie vor weit verbreitet. Untersuchungen zeigen jedoch ein anderes Bild. So steigt beispielsweise mit zunehmendem Erstkalbealter das Risiko für Schwergeburten und Mastitis deutlich. Weiter konnte eine aktuelle Studie mit Daten von 18‘000 Kühen aufzeigen, dass insbesondere bei Milchrassen die Tiere mit den höchsten Milchleistungen im Durchschnitt ein frühes Erstkalbealter aufweisen.
Rassenunterschiede beachten
Je jünger ein Rind bei der ersten Abkalbung ist, desto mehr Nährstoffe werden anfangs noch für das Wachstum benötigt und stehen nicht der Milchproduktion zur Verfügung. Deshalb geben in der ersten Laktation Tiere mit tiefem Erstkalbealter gegenüber älteren Artgenossen bei gleicher Fütterung eher weniger Milch. Anders sieht es aber bei den folgenden Laktationen aus. Im Durchschnitt erreichen bei der Rasse Red Holstein ab der zweiten Laktation Kühe mit einem Erstkalbealter zwischen 23 und 26 Monaten die höchsten Milchleistungen. Bei Tieren die später zum ersten Mal gekalbt haben, sinkt die durchschnittliche Milchleistung mit steigendem Erstkalbealter kontinuierlich. Mit einem Erstkalbealter von 30 bis 33 Monaten haben dagegen bei der Rasse Simmental deutlich ältere Kühe die durchschnittlich höchsten Milchleistungen. Dies scheint den Ruf der "spätreifen" Simmentalkühe zu bestätigt. Bei der milchbetonten Zweinutzungsrasse Swiss Fleckvieh dagegen scheint sich, wie bei RH-Kühen, ein frühes Erstkalbealter günstig auf die Milchleistung auszuwirken. Allerdings sind die Unterschiede zwischen Tieren mit frühem und spätem Erstkalbealter weniger stark ausgeprägt, was auf die "Simmentalgenetik" in dieser Rasse hindeutet.
Körperkondition muss stimmen
In jedem Fall muss die Aufzuchtintensität zum angestrebten Erstkalbealter passen. Weder zu leichte noch zu schwere und verfettete Rinder können später optimale Leistungen erzielen. Als Richtwert sollen Milchrassen bei der ersten Abkalbung rund 80 Prozent des Endgewichtes wiegen, bei den eher spätreifen Zweinutzungsrassen werden 90 Prozent empfohlen. Damit diese Werte bei einem frühen Erstkalbealter erreicht werden können, gilt es der Haltung und Fütterung grösstes Augenmerk zu schenken. Nur zu jedem Zeitpunkt optimal versorgte und gesunde Aufzuchttiere können die gewünschten Leistungen in Form von Tageszunahmen und Erstkalbalter realisieren.