«Schweizer Bauer»: Angesäuerte Milch ist länger haltbar. Ist das der Grund, weshalb melior nun ein Milchpulver auf den Schweizer Markt gebracht hat, das direkt angesäuert ist?
Markus Stucki: Die Entwicklung dieses Milchpulvers hatte mehrere Hauptmotive. Wir wollten ideale Verdauungsbedingungen schaffen, die Darmflora stabilisieren, indem der Gehalt an pathogenen Keimen reduziert wird, sowie die Futterverwertung verbessern. Im Endeffekt sollen mit proaktiver Gesunderhaltung frohwüchsige und leistungsfähige Kälber aufgezogen werden. Die Haltbarkeit verlängern hingegen war kein Motiv bei dieser Entwicklung. Dies ist hauptsächlich dort gefordert, wo kalt getränkt wird. Gerade im Winter ist jedoch kalt tränken eine Belastung für den Organismus des kleinen Kalbes; nur schon, indem das Kalb die kalte Milch – bis zu 10 Prozent des Körpergewichts – auf Körpertemperatur erwärmen muss.
Welche Vorteile hat angesäuerte Kälbertränke nebst der Haltbarkeit?
Durch den konstant tiefen pHWert im Labmagen von unter 5.5 verwehren wir pathogenen Keimen, die beim Kalb Durchfallerkrankungen hervorrufen können, weitgehend eine Überlebenschance. Zusätzlich wird mit der angesäuerten Tränke die Intensität und die Geschwindigkeit der Milchgerinnung im Labmagen massiv erhöht, was einen direkten Einfluss auf die Futterverwertung hat. In Systemen mit zwei- oder dreimaligem Tränken pro Tag, etwa beim Milchtaxi oder bei der Eimertränke, verändert sich der pH-Wert im Labmagen im Verlauf des Tages zwischen 1.4 und 6. Dies sind sehr grosse Schwankungen, welche mit Unterstützung der angesäuerten Tränke gut ausgeglichen werden können. Auch bei der Automatentränke mit mehreren Mahlzeiten pro Tag hat die angesäuerte Tränke einen hohen Nutzen, weil die Trinkgeschwindigkeit pro Mahlzeit bis zu viermal höher ist als am Euter.
Wieso wird das Pulver gerade jetzt lanciert?
Der Herbst ist die Hauptsaison der Abkalbungen. Zeit für die Betriebsleiter, sich mit Neuerungen zu befassen. Deshalbbietet sich der jetzige Zeitpunkt an, um ein solches Produkt einzuführen. Die sanfte Markteinführung auf einzelnen Betrieben haben wir bereits im Frühjahr gemacht. Die Nachfrage war derart gross und hat offenbar einem Bedürfnis entsprochen, sodass mittlerweile über 130 Betriebe das Aufzuchtmilchpulver 2007 Progres® im Einsatz haben.
Spielt es eine Rolle, ob ich angesäuertes Pulver verwende oder normales und dann die Tränke ansäuere?
Kälber tränken ist grundsätzlich anspruchsvoll und die Dosierung von Zusätzen auch. Separate Säurezusätze dürfen mit warmer Milch angesetzt nicht ausflocken und müssen eine gute pH-Absenkung bewirken. Aufgabenteilung und abwechselnde Zuständigkeiten auf den Betrieben erfordern einfache und schlanke Abläufe. Diese Anforderungen öffnen einem Milchpulver mit integriertem Säurezusatz Tür und Tor. Schlank, einfach und all-in-one ist heute gefragt.
Enthält das angesäuerte Milchpulver noch weitere Innovationen, die der Gesundheit der Kälber zugute kommen? Ich denke da zum Beispiel an Milchsäure- oder andere Bakterien oder an Prebiotika, also an «Nahrung für die Darmbakterien».
Zwei Zusätze sind speziell hervorzuheben. Zum einen der hohe Anteil an Milchsäurebakterien, die eine zentrale Rolle in der Besiedelung der Darmflora spielen. Zum anderen enthält das Milchpulver den Zusatz Progres®. Progres® ist ein natürlicher Zusatzstoff aus Harz von Nadelbäumen. Harz schützt in der Natur die Bäume vor Bakterien, Viren und Schimmelpilzen. Ein schützender Effekt, der mit Progres® auch in der Kälberfütterung wirkt. Der positive Einfluss auf die Tiergesundheit ist mehrfach wissenschaftlich belegt.
Kann das angesäuerte Pulver bei allen Tränkesystemen eingesetzt werden? Oder ist es nur für Tränkeautomaten geeignet?
Die Aufzuchtmilch 2007 Progres® für Aufzuchtkälber auf Milchvieh- und Munimastbetrieben kann in allen Tränkesystemen eingesetzt werden, sei es Kübel, Milkbar, Milchtaxi oder Tränkeautomat mit Einzeltiererkennung.
Und ist es ein 100 %-Milchersatz oder ergänzend zu Vollmilch einzusetzen?
Das Produkt ist ideal für Munimastbetriebe mit Pulver-Wasser-Fütterung und Milchviehbetriebe, die keine oder wenig Vollmilch vertränken. Natürlich kann dieses Milchpulver auch zu reiner Vollmilch als Ergänzung eingesetzt werden.
Wenn ich mich entscheide, das neue Pulver einzusetzen: Muss ich bei der Anwendung etwas Spezielles beachten?
Bei der Anrührtemperatur liegt die oberste Grenze bei 50 Grad. Wenn das Wasser heisser ist, kann es aufgrund der Säurezusammensetzung zu einer Proteinausflockung kommen. Der Einsatz eines Thermometers beim Anrühren mit dem Kübel gehört dazu. Praktisch ist eine Mischarmatur am Wasserhahn mit Einstellmöglichkeit der Tränketemperatur. Am Taxi oder Automaten ist die Temperatureinstellung kein Problem.
Und wie ist das angesäuerte Pulver preislich anzusiedeln?
2007 Progres® liegt preislich im Mittelfeld des Sortiments für Aufzucht- und Munimastbetriebe.
Interview: Susanne Meier, Schweizer Bauer