Jeder Milchviehhalter, der seinen Bestand selber remontiert, muss sich Ziele setzen und diese konsequent verfolgen, damit seine Erstkalbskühe dem gesteckten Ziel möglichst nahekommen. Spezialisierte Milchviehrassen können heute problemlos im Alter von 24 Monaten oder darunter erstmals abkalben und dabei gute Einsatzleistungen erzielen. Nur den Fokus auf das Erstkalbealter zu setzen, greift jedoch zu kurz. Genetik und Haltung müssen passen, damit die Remonten ihr volles Potenzial abrufen können
Der Besamungszeitpunkt definiert das Erstkalbealter. Dieser Zeitpunkt ist abhängig vom Entwicklungsstand der Rinder. Erfahrungsgemäss werden jüngere, gut entwickelte Rinder schneller trächtig als ältere Tiere mit schleppender Entwicklung.
400 kg mit 14 Monaten
Folgende Ziele und Zahlen in der Milchviehremontierung können als Erfolgsfaktoren bezeichnet werden; dabei fängt es schon mit dem Kalb an: keine Kälberverluste! Wenn die Pedigrees stimmen – Züchten mit den besten Kühen — dann ist jedes verlorene Kalb eine verpasste Chance, eine rentable Milchkuh zu werden.
60 Tage alte Kälber sollen ihr Geburtsgewicht verdoppelt haben. Ab Geburt konsequent auf Fütterung und Gesundheit achten, dies programmiert das Tier lebenslang auf Leistungsvermögen.
Krankheiten bremsen
400 kg Gewicht in 14 Monaten sind anzustreben. Skelett und Organe müssen entwickelt sein, damit das Tier vom Start weg nach dem Kalben viel fressen und viel Milch geben kann bei gleichzeitig hoher Fruchtbarkeit. Die Formel ist einfach: Entwicklung bringt Milch. Untersuchungen zeigen, dass je schneller die Gewichtsentwicklung erfolgt, desto höher die Einsatzleistungen von Rindern sind. Dies setzt die entsprechenden Tageszunahmen voraus, welche nur mit optimaler Haltung und Fütterung erreicht werden. Voraussetzung ist, dass die Tiere ohne Krankheit und frei von Parasiten aufwachsen. Weitere Studien zeigen, dass jede Krankheit, welche das Kalb auf dem Weg zum Jungrind durchmacht, das Erstkalbealter potenziell ansteigen lässt. Zweimal kranke Kälber kalbten in der Langzeitstudie gut zwei Monate später ab als Kälber, welche nie krank waren. Ein doppelt negativer Effekt, denn zu den Behandlungskosten kommen noch die zwei Monate länger dauernden Aufzuchtkosten bis zum ersten Milchertrag.
Durchfall und Atemwegserkrankungen bei den Kälbern senken die täglichen Zunahmen und erhöhen die Abgangsrate während der Aufzucht und der ersten Laktation. Eine um zwei Monate längere Aufzucht auf ein Einzeltier heruntergebrochen scheint auf den ersten Anblick nicht allzu tragisch. Bereits bei sechs Tieren bedeutet dies kumuliert ein Jahr und bei zwölf kalbenden Rindern verlängert sich die gesamte Aufzucht um zwei Jahre mit den entsprechend hohen Kosten.
Wägen oder Messen
Das Gewicht eines Rindes zu schätzen, ist nicht einfach, je nach Perspektive und Standort des Betrachters liegt man schnell daneben. Regelmässiges Wägen nach dem Absetzen, nach einem Jahr und beim Besamen ist die beste Variante. Und auch nach dem Besamen sollen die Rinder weiterwachsen: Erstkalbkühe sollten ein Gewicht von 600 kg ohne Kalb auf die Waage bringen. Vielerorts lässt sich die Gewichtserhebung nicht einfach umsetzen; die Waage fehlt. Sehr zuverlässig zur Bestimmung des Gewichts und des Wachstumsverlaufs ist das spezielle Massband mit Gewichtsangabe. Dabei ist es oftmals gar nicht nötig, das Gewicht aufs Gramm genau zu definieren, aber bei regelmässigem Messen und exaktem Notieren des festgestellten Gurtumfanges stellt der Praktiker, der das Massband immer mit dem gleichen Druck anlegt, leicht Veränderungen und Unregelmässigkeiten fest.
Hohe Lebensleistungen
Die Königsdisziplin der erfolgreichen Milchviehremontierung ist schliesslich die Lebensleistung sowie die Betrachtung der produzierten Milch je Lebenstag. Milchkühe, welche während der Aufzucht niemals krank waren, erreichten in Langzeitstudien rund 8000kg mehr Milch in ihrem gesamten Leben. Es lohnt sich also, den Fokus auf optimale Gesundheit und Entwicklung vom Kalb bis zum ersten Abkalben zu legen, um kein Geld im Aufzuchtstall zu verschenken. In den drei Folgeartikeln in dieser Serie werden Fütterung und Haltung in jedem Abschnitt konkret beleuchtet.